Klankruimtes – Klangräume

„…und als die Deutschen erkennen, dass sie unzweifelhaft verloren haben, sprengen/zerstören sie noch alle erhöhten Standorte u.a. die Kirchtürme und die Burg.“, erfahre ich bei meiner ersten Begehung für eine ortsbezogene Klangarbeit zu den grenzübergreifenden „Herrensitz – Kastelen – Spektakeln“. (Ein Schlag in die Magengrube!) Wie kann ich die Ende des 2. Weltkriegs in den Niederlanden zerstörte Burg*, als traurige Kulisse nutzen? Das Interesse und die Ermutigung der ehrenamtlich Arbeitenden der Gemeinde Kessel, die mit Führungen und Veranstaltungen die Burgruine eher selten nutzen, lässt mich eine komplexe mehrteilige Klanginstallation in drei Klanggeschossen erarbeiten:

Im Erdgeschoss sind hinter den sechs Türen der ehemaligen Hunde und Pferdeställe elektroakustisch erzeugte Klänge zu hören, die ich u.a. von architektonische Linien (z.B. den Rundbögen der Ringmauer) oder von den im Burgnamen versteckten Tönen Kasteel te Keverberg te Kessel ableite. Doch man muss sein Ohr an die Stalltüren legen, um etwas hören zu können.

Im einzigen Innenraum* der Ruine verschließe ich zwei Luftschächte mit dicken bläulich-milchigen Plexiglasscheiben und färbe den Raum mit grünem Licht. An den Wänden befestige ich Leinensäckchen, die u.a. stark duftende Fenchelsamen bzw. Brennnesselblätter enthalten. In jedem zweiten Leinensäckchen sind Lautsprecher verborgen, die „innere Klänge“ übertragen. Es sind per Mikrophon aufgenommene gesummte Töne, Magengluckern und leises Surren eines Kühlschranks. Die Atmosphäre wechselt, je nachdem ob die summenden Frauenstimmen** zu hören sind, oder ob man sich im Inneren eines Magens bzw. eines Kühlschranks zu befinden scheint. Während die Klänge von Lautsprecher zu Lautsprecher wandern, ist der Duftradius der Kräutersäckchen so klein, dass man zu ihnen hingehen muss, um die Aromen genau wahrnehmen zu können.

In die zugigen Schießscharten im Obergeschoss hänge ich Windspiele. Man kann den silbrigen Klang nicht nur in der Ruine hören, sondern auch außerhalb, wenn man um die Burg spazieren geht und die dicken Mauern plötzlich hoch oben hell aufklingen.


Klankruimtes – Klangräume
3 Klangetagen im Kasteel de Keverberg te Kessel, UG: Lautsprecher hinter Türen, Gewölbekeller: getönte Milchglasscheiben, grünes Licht, Kräuter, Leinensäckchen, Lautsprecher, OG Windspiele in den Schießscharten

4. Herrensitz – Kastelen – Spektakel Neue Kunst, Musik, Tanz und Literatur auf alten Schlössern und Herrensitzen, 1998

Ausstellungsflyer.pdf


* dem ehemaligen Proviantkeller,

** zuletzt war die Burg ein Mädchenpensionat

(Nach einer umfassenden Sanierung, ist das an der Maas gelegene alte Kasteel te Keverberg te Kessel seit 2015 ein moderner Veranstaltungsort.)