Improvisation

Das großflächige Industrieensemble des ehemaligen Hüttenwerks von Thyssen, wo aus Eisenerz Stahl gewonnen wurde, wird nach seiner Stilllegung 1985 zum „Landschaftspark Duisburg-Nord“. Bepflanzungen sowie Rückeroberungen der Natur lassen ein Areal der Industriegeschichte / Industrieromantik entstehen. Der Erlebnispark und Veranstaltungsort mit den umgebauten Werkshallen-Spielstätten, wird nachts von bunten Farblichtern illuminiert wird.

Es ist für mich unmöglich, den aufgeladenen Ort nur als Ausstellungskulisse zu nutzen. Stattdessen erkunde ich das gesamte Gelände, nehme Fotos, Dias und Videos und Geräusche auf und befasse mich mit dem ehemaligen Produktionsprozess u.a. mit dem Kühlwasserkreislauf: Für die Hochöfen 1 und 2 wird damals das notwendige Kühlwasser mit elektrisch betriebenen Kreiselpumpen vom Pumpenhaus zum Hochofen befördert, um durch eine gleichmäßige Kühlung die Durchschmelzung der Hochofenummantelung zu verhindern. Danach wird das aufgeheizte Wasser zur Abkühlung ins Kühlwerk und von dort wieder zum Pumpenhaus geleitet.

Im Pumpenhaus, dem geplanten Ausstellungsort, finde ich in einem dunklen Nebenraum eine noch erhaltene Kreiselpumpe, die ich in meine ortsbezogene Installation einbeziehe, um durch unterschiedliche Sinnesreize den Wandel des Ortes zu thematisieren, – wie improvisiert, nur mit etwas Licht, Klang und Duft.

Meine eher unbunte Lichtinstallation ist eine Doppelprojektion. Als Standbild legen sich Schienen und Verstrebungen des Schrägaufzugs von Hochofen 5 auf die Formen der Kreiselpumpe. Ca. 45° dazu projiziere ich Videosequenzen, in unterschiedliche Richtungen fließendes Rheinwasser. Der Rhein-Ruhr-Hafen (duisport) ist heute der größte Binnenhafen Europas.

Die lauten Produktionsstätten des Stahlwerks sind verstummt. Erhaltungsmaßnahmen, wie das Entrosten mit Sandstrahl, lassen die stählernen Ungetüme wieder lautstark werden. Meine Aufnahmen des ohrenbetäubenden Lärms sind mein Ausgangsmaterial, das ich unterteile, gruppiere und überlagere. Dabei bilde ich u.a. teils perkussive sowie teils orgelartige Sequenzen, die sich in mehreren Klangspuren gegeneinander verschieben und wie eine „geräuschhafte Erinnerung“ oder ein verzerrtes Echo wirken.

Die Luft im Landschaftspark ist klar. Mit der Stilllegung hat der Ort seine spezifischen giftigen, belastenden Gerüche (der Stäube, Gase und Dämpfe) verloren. Jetzt riecht es dort draußen nach frischem Grün; die leeren Hallen sind „geruchsneutral“. – Künstliche Aromen vermitteln in meiner Installation die Verwandlung des Ortes auf auch olfaktorisch, denn flüchtiger Nebel mit ein wenig Red-Bull-Aroma umhüllt die Kreiselpumpe.


Improvisation
Doppelprojektion, Dia-, Videoprojektor, 3-kanalige Klangkunstkomposition, 3 Lautsprecher, Speichermedien/Kabel/Audiotechnik, Nebelmaschine

SoundART Duisburg Traumzeit Festival am Hochofen, Landschaftspark Duisburg-Nord, 2005