Evibarifono

Neben den eigentlichen wasserwirtschaftlich Aufgaben engagiert sich die Emschergenossenschaft kulturell u.a. im Pumpwerk Evinger Bach, das k e i n e Industrieruine ist. Da die Pumpenmotoren inzwischen im Untergeschoß stehen, wird das Erdgeschoss u.a. auch künstlerisch genutzt. 2009 werde ich damit betraut, eine ortsbezogene Klanginstallation für die Pumpenhalle zu entwickeln, in der monumentale Bilder, sechs Szenen aus dem Zyklus „Roter Fries“, von Norbert Tadeusz an der Stirnwand der ehemaligen Motorenhalle hängen.

Die Betriebsbereitschaft der imposanten Pumpenanlage wird beim Betreten des Saals spürbar, da der Boden leicht bebt und ein Dröhnen in der Luft liegt. (Bei Starkregen können insgesamt neun Pumpen bis zu 13.600 Liter Wasser pro Sekunde 13 m anzuheben.) Ohne zusätzliches Regenwasser wird der Evinger Bachs nur von einer Pumpe angehoben, die alle 12 – 15 Minuten mit einem laut juchzenden Geräusch anspringt.

Meine künstlerischen Recherchen für das Klangkunstprojekt im Pumpwerk Evinger Bach beginne ich mit einer Ortsbegehung der Quellen des Flusses Emscher in Holzminden und mit Beschäftigung mit der Geschichte der Wasserwirtschaft, denn anhand der Emscher kann man exemplarisch erfahren, was „Ewigkeitslasten“ bedeuten. Der Ruhrbergbau hat im Emschergebiet zu dazu geführt, dass wegen der großflächigen Bodensenkungen die zahlreichen Nebenflüsse ihr natürliches Gefälle verloren haben. Um Überschwemmungen zu verhindern, müssen eine Vielzahl von Pumpwerke die Flusswasser anheben.

Während meiner Exkursionen kann ich den Evinger Bach*, der wegen umfangreicher Baumaßnahmen freigelegt worden ist, unmittelbar beim Pumpwerk aufnehmen. Die vielfältigen technischen Geräusche der Pumpe, die ich in allen Phasen an unterschiedlichen Orten im Ober- und Untergeschoss des Werks aufzeichne, bilden den Schwerpunkt meines Materials. Die „natürlichen“ und die „technischen“ Geräusche erweitere ich mit virtuosen Läufen einer sonoren Bassklarinette, um auch wärmere und weichere von einem Musiker** eingespielte Klangfarben in das Spektrum einzubinden.

Nach aufwendigen Bearbeitungen, bei denen der Evinger Bach u.a. auch „auditiv rückwärts fließt“, was real durch das Pumpwerk aufwendig verhindert wird, gestalte ich schließlich 10 Sequenzen zu 5 Minuten: ca. 3 Minuten Klang und ca. 2 Minuten Stille für 8 Stereospuren für acht im Untergeschoss montierte Lautsprecher, die gemeinsam oder nacheinander ertönen.

Manchmal erkennt man erst mit Beginn der Pause, dass man nicht die Pumpe, sondern „Evibarifono“ gehört hat, dessen Klangsequenzen im „Hörschacht“ quellen, strudeln, versickern, mäandrieren und zum Auditorium im Erdgeschoss aufsteigen und sich mit den aktuellen Raum- und Pumpengeräuschen vereinen.


Evibarifono
Permanente ortsbezogene Klanginstallationen, 8-kanalige Klangkomposition, 8 Lautsprecher, Speichermedien/Kabel/Audiotechnik

Kunst trifft Technik – Technik trifft Kunst Dauerausstellung, Pumpwerk Evinger Bach, Dortmund, seit 2009

Ausstellungsflyer.pdf


*Nach Abschluss der Bauarbeiten im Umfeld des Pumpwerks ist der Evinger Bach inzwischen wieder vollkommen verrohrt und kann nur noch in der Klanginstallation „Evibarifono“ gehört werden.

**Peter W. Schatt, siehe: Katja Kölle, Der Evinger Bach in der ortsbezogenen Klanginstallation „Evibarifono“, in: Interdisziplinarität und Disziplinarität in musikbezogenen Perspektiven – Festschrift für Peter W. Schatt zum 65. Geburtstag, hg. v. Martina Kraus-Benz und Stefan Orgass, Hildesheim, 2013