Janina Klassen

Raunen und Rauschen: Katja Kölles Klanginstallation ‘Horchen und durstiges Ohr’ nach einer Ode von Friedrich Gottlieb Klopstock

Eine Welle von Rauschen überschwemmt den Raum. Ebbt ab. Eine zweite, stärkere folgt, zieht sich zurück. In das diminuierende Rauschen hinein spricht verhalten flüsternd eine Stimme, von Pausen gedehnt, die Satze: »Es tagt nicht! Kein Laut schallt! Wer entschloss sich schnell hier? Wen erschreckte nicht / Das Grauenvolle der Wahl?«1 Die nächste Welle legt sich über die Worte, wird überlappt von weiteren Wellen. Schweigen. Stimme. Rauschen. Anfangs befremdet die Stimme, der etwas unheimliche Text. Das Rauschen ist stärker. Es füllt den ganzen Raum. Assoziationen tauchen auf, zum Wind, der die Bäume draußen vor den Fenstern bewegt, zum Wasser und zum Strand der nahen Elbe. Die gesprochenen Sätze wirken kryptisch. Immer wieder lenkt das Rauschen vom Text ab. Dass die Worte Verse sind und aus einer Ode von Klopstock stammen, verrat der Untertitel der Installation. Doch erst nach und nach höre ich zu und versuche, ihrer Richtung und ihrem Sinn zu folgen. Alle lauschen lange Zeit still sitzend und gebannt. In dieser Phase beginnt eine kontemplative Versenkung in die Situation: Rauschen und mystisches Raunen. Sie führt mich allerdings vom Ausgangspunkt, der sinnlich ästhetischen Rauschüberflutung, fort. Erst nach und nach wagen einige herumzugehen, um die Klangkomponenten, die Wellen von Rauschen und die Sprachtonspuren, aus unterschiedlichen Perspektiven zu verfolgen, andere Kompositionen auszukosten und zu erkunden, was die Klänge im Raum machen, ob und wie die Klänge den Raum verändern und welchen Anteil die eigene Anwesenheit daran hat. Die Beschreibung des Eindrucks von Katja Kölles Klanginstallation aus rezeptiver Perspektive nehme ich als Ausgangspunkt, um Fragen zu stellen nach dem Anlass, nach dem Text und dem Kontext der Installation, nach der Bedeutung von Raum und Rauschen und nach dem Sprechen über Klangkunst, im Rekurs auf Positionen aktueller Forschung. Dabei gehe ich davon aus, dass alle diese Parameter die Wahrnehmung des Kunstereignisses beeinflussen.

Grenzüberschreitungen

Katja Kölle ist eine Künstlerin, deren multisensorische Arbeiten die Grenzen der Einzelkünste konzeptionell grandios überschreiten. Die Künstlerin nutzt Farben, Licht, Raum, skulptural gestaltete Gebrauchsgegenstände, gefundene und artifiziell hergestellte Naturalien und Objekte, Sprache, imaginäre und physikalische Schwingungen, virtuelle und reale Klänge, Töne und Geräusche, eigene und Kompositionen anderer, aber auch Steine, Hecken, Düfte und Aromen. Ihre Objekte, Installationen, multimedialen plastischen Arbeiten, Farbnotationen, klein oder groß dimensionierten Projekte finden drinnen und draußen statt, in Museen, Galerien, Bibliotheken, Kirchen, Foyers, Fahrstühlen, Konzertsälen, Hallen, Gewölben, aber auch an öffentlichen Plätzen, in Passagen, Straßen, Industriebrachen, an gesichtslosen oder geschichtsträchtigen Orten, in Parks und Landschaften.2

Farb-Klänge heißt eine Serie von Objekten (Acrylfarbe auf Vinyl, 1994-2004), die Klang visualisieren. Dazu wurden Schallplatten mit derart kontrastierenden Farbenreliefs übermalt, dass die Rillen in den Augen der Betrachtenden tanzen. Crossmodale Verschränkungen von Hör-, Sicht-, Fühl- oder Riechbarem ziehen sich durch das gesamte umfangreiche Werk. Vieles erschließt sich erst, wenn die Position des distanzierten Betrachtens verlassen wird. Rhythmus und Geräusch entstehen bei der perkussiven Bodeninstallation Passaggio-Staccato (Holzplatten, Metallfolie, Lederaromen, 2004/2006) nur beim Gang über die instabile, aus Holzplatten zusammengesteckte dreißig Quadratmeter große Laufflache. Im Neubau der Berliner Akademie der Künste begleiteten Lichtreflexe und ab und zu ein Anflug von Ledergeruch den Parcours. Die durch die Installation geweckte Aufmerksamkeit bezog schließlich die gesamte architektonische Situation des Gebäudes mit ein. Diese Erweiterung der Wahrnehmung ist kein Nebeneffekt, sondern resultiert aus der Sensibilisierung aller Sinne, die die Auseinander Setzung mit Kölles Kunstangebot bewirken kann.

Die kleine Installation Orphisch (fünf Holzsockel, Lautsprecher, Muscheln, Schneckengehäuse, Glasscherben, Rosenblüten, Brennesselblätter, Steine, Federn, 1999) wirkt auf den ersten Blick wie eine anmutige Skulpturengruppe. Fünf kreisförmig arrangierte weiße Stelen enthalten Pflanzen, Mineralien, Tierelemente und Scherben. Darüber hinaus entströmen ihnen leise Känge. Erst beim Verweilen dringen sie ins Bewusstsein. Das Ausgangsmaterial bilden Überschriften aus Goethes Gedichtzyklus Urworte. Orphisch, die in Klang aufgelöst werden. Ist das Tor für diesen Kontext geöffnet, so können auch die materiellen Objekte in den Stelen auf vielfaltige Weise mit Goethe, den Gedichten und den antiken Mythologien in Beziehung gesetzt werden. Doch, funktioniert die Installation auch ohne hermeneutische Verknüpfungen als ästhetische Herausforderung für die sinnliche Wahrnehmung.

Ephemere, flüchtige Materialien bestimmten die Installation Licht Klang Duft (1996), die Kölle für die Stadt Flensburg entworfen hat. An verschiedenen Punkten inszenierte sie Lichtwechsel, Wasserklänge und verströmte Düfte, die zum Innehalten einluden. Die künstlerischen Eingriffe überhaupt durch alle Sinne wahrzunehmen, braucht Zeit. Sie verändern die atmosphärische Umgebung und ermöglichen es, neue Erfahrung an bislang wenig beachteten oder auch unwirtlichen städtischen Arealen zu machen. Ortsgebunden ist auch die permanente Installation Evibarifono (2009) im Raum des Pumpwerks Dortmund-Evinger Bach. Dort wird ein durch ein Rohrsystem geleiteter Bach auf eine dreizehn Meter höher liegende Ebene gepumpt, um weiterfließen zu können. Dazu springen die Pumpen in unregelmäßigem Turnus mit großem Getöse an. In die akustischen Pausen hat Kölle zehn leise Sequenzen mit einer Tonspur aus den gesampelten Geräuschen der Pumpen, des Wassers und den flirrenden Tönen einer Bassklarinette interpoliert. Auf diese Weise wird der in den Röhren versteckte Bach mitsamt seiner Umkleidung durch Töne sichtbar. Gleichzeitig wecken die Klänge Erinnerungen an die Geschichte der Region von der vor- bis zur heutigen postindustriellen Situation.

»Ich bin keine Komponistin, meine Musik ist nicht autonom, keine Malerin, denn meine Farbe ist nicht frei, sie ist Notation, keine Bildhauerin, Licht- oder Medienkünstlerin, Instrumentalistin, auch keine Technikerin, Gärtnerin oder Bühnenbildnerin … und doch: Ich bin von allem ein bißchen.«3

Die hier bescheiden formulierte Vielfalt markiert zugleich die Grenzen fachwissenschaftlicher Kompetenzüberschreitungen. Nicht nur jede Kunst- und Musiksparte hat ihre eigenen Geschichte(n), Theorien und Bewertungskategorien etabliert. Auch die Erforschung diverser Wahrnehmungsmodelle teilen sich mehrere Fachrichtungen.4 Unter dem Stichwort >Klangkunst / Sound Art< werden all jene versammelt, deren Arbeiten multimedial angelegt sind.

Ob sich darunter besonders Künstlerinnen finden, ist nicht zu beantworten. Weder ist Klangkunst ein fest umrissenes Genre, noch werden Statistiken über die darunter subsumierten Kunstschaffenden geführt. In der Dokumentation zum zehnjährigen Bestehen der singuhr-hoergalerie (Berlin 2006) finden sich sieben Künstlerinnen und fünfzig Künstler versammelt, im Katalog der im selben Jahr in Berlin präsentierten Sonambiente Veranstaltung sind sechzehn Künstlerinnen und 41 Künstler mit ihren Arbeiten dokumentiert 5 Die Zahlen allein sagen indes noch nicht viel. Schließlich hängen Einladungen von so unterschiedlichen Faktoren ab wie Themen, Termine, Aufwand, Machbarkeit, Finanzierung, aber auch von Gruppenzugehörigkeit und positiver wie negativer Voreingenommenheit. Immerhin stimmen beide Listen darin überein, dass weniger Künstlerinnen als Künstler engagiert wurden.

Anlass und Ort

Katja Kölles Klanginstallation Horchen und durstiges Ohr nach einer Ode von Friedrich Gottlieb Klopstock entstand in Rahmen eines kulturellen Begleitprogramms aus Anlass des 275-jährigen Jubiläums der Christianskirche in Hamburg Ottensen. Die 1738 vollendete Barockkirche erhielt im 19.Jahrhundert eine Art Kultstatus für patriotisch gesinnte Literaturliebende, weil auf dem sie umgebenden alten Friedhof Klopstock, seine beiden Ehefrauen, Meta (Margareta, zusammen mit ihrem totgeborenen Kind) und Johanna Elisabeth, sowie weitere Familienangehörige begraben sind. Klopstock hat nach dem Tod Metas1758 den damals außerhalb von Hamburg liegenden Dorfkirchhof aufgrund seiner idyllischen Lage ausgesucht, »zwo Bäume […] und […] Feldblümchen« 6 pflanzen lassen, die Grabinschrift für Meta als letzte Liebeserklärung entworfen und das alles selber öffentlich bekannt gemacht.7 Kölles Installation bezieht diese historischen Besonderheiten ein.

Die Installation wurde mit einem »Kunstgottesdienst«8 eröffnet und war zwischen dem 4.und 22. September 2013 an ausgewählten Terminen zu erleben. Die Jubiläumsfeier, die Klopstockgräber, die Begrüßung durch den Pastor, der Kirchenraum, die Sitzordnung in Bankreihen mit Blick auf Kanzel, Hochaltar (mit modernem Altarbild von Hans Gottfried von Stockhausen) und der Lebensgroße über dem Taufbecken schwebende Barockengel; – der ganze Nimbus des Ortes legt als Rezeptionshaltung eine gewisse Ehrfurcht, eine Bezähmung von Mobilität und Neugier durch stille Konzentration nahe. Damit sind auch die Weichen für eine spirituell gestimmte quasi sakrale Kunstaufnahme gestellt, und es ist schwer, sich diesen Vorgaben zu entziehen. Assoziationen an religiöse Themen stellen sich ein, wie das »sanfte, leise Säuseln« (1 Kön 19,11)9, mit dem der Herr sich dem Propheten Elias ankündigt, der nach dessen Wort dürstet wie der Hirsch im 42. Psalm, beides prominent vertont von Felix Mendelssohn Bartholdy.10 Das erhabene ehrfürchtige Pathos von Klopstocks Versen und ihre durch den performativen Vortrag auf die Bewegung der Seele zielende ImpIikation11 verstärken die Andachtshaltung. Bei genauerem Hinhören auf die Wörter eröffnen sich dann doch auch noch andere Perspektiven.

Die Ode

Klopstock gibt als Entstehungsjahr der Ode Das Gehör. An Hegewisch, den Blinden 1783 an.12 Sie wurde 1798 in einer vom Dichter selbst verantworteten Ausgabe publiziert. Verhandelt wird in den ersten zehn Versen die vermeintliche Wahl zwischen Taub- und Blindheit. Die Entscheidung ist indessen schon gefallen, denn die Blindheit des in der Ode angesprochenen Gegenübers steht bereits fest. Von Beginn an plädiert das sprechende Textsubjekt für den Vorzug des Gehörs bei der Sinneserfahrung aufgrund der hohen qualitativen Anteilnahme an der Welt. Der Ton dringt bis ins Herz des Blinden, während der davon ausgeschlossene Taube mit Neid zusehen muss, wie der Blinde sich am Laut erfreut (V. 25 ff.). Dieser Aspekt wird in den mittleren Versen (V. 11-21) sprachlich üppig entfaltet. Ausgehend von der menschlichen Kommunikation, hier das »freundliche Wort des Geliebten« (V. 11), beschwören die Verse den klanglichen Reichtum der wahrnehmbaren Umwelt, von Wetter Geräuschen wie Donner, Sturm und Waldesrauschen bis zum Vogelsang. Und sie verweisen emphatisch auf die kulturelle Dimension, die akustischen Kreationen der Ton- und »Dichtkunst« (V. 19). Schließlich beschreiben die Verse das Gehörorgan und den Weg des durch die Ohren in den Körper eindringenden Schalls. Im Schlussabschnitt wird das anatomische »Wundergebäude« (V. 27) des Innenohrs poetisch besungen, der Gehörgang, die Weiterleitung des Schalls über Trommelfell, Amboss und Schnecke bis zur Auffaserung im »Labyrinth« (V. 40). Schall trifft direkt »des Hörers Seele« (Die Sprache, V. 13f.), so Klopstocks Überzeugung.

Die Ode feiert das Hören und das Gehör sowie die Welterfahrungsmöglichkeiten des »gelehrige[n] Ohres« (V. 23). Darüber hinaus wirkt die Ode aber auch wie ein Hymnus auf die Dichtkunst und die Gabe des Dichters, die poetischen Schallformen so zu gestalten, dass Rhythmen und Klangfarben sich zu einer höheren ästhetischen Einheit summieren. In der ein Jahr früher, 1782, entstandenen Ode Die Sprache. An Carl Friedrich Cromer,13 werden »Hall« (V. 1f.) und »Wohlklang« (V. 28) der Sprache gepriesen, mit der der Dichter einen »Verstanz« (V. 28) komponiere. Wie dort, so besingt auch die Ode Das Gehör die »Bezaubrung« (V. 21), wenn Dichtung und Tonkunst »[d]urch Eintracht sich erhöhn« (V. 22). Nach Klaus Hurlebusch gilt für Klopstock ein »auditives RezeptionsideaI«.14 Er ruckt den prozesshaften Aspekt von Dichtung als Zeitkunst in den Vordergrund. Danach spielen der performative Akt des lautlichen Dichtens und der Vortrag von Dichtung zentrale Rollen bei Klopstocks Vorstellung einer Versinnlichung15 der Gedanken durch Sprache. Klopstocks Konzept ist an den Sinn des Textes gekoppelt. Doch lässt sich der Klang der Verse in Kölles Installation auch als eigene auf die Materialität der tönenden Sprache bezogene ästhetische Ebene ohne religiöse Implikation oder Transzendierung16 erleben.

Klopstocks Ode Das Gehör versammelt eine Fülle von Ausdrucken und einschlägigen Bewegungsverben, die in der Fantasie Geräusche und Klange evozieren, vom »Strom[Wasser]falI« (V. 12), Donnern, Sturmbrausen und Säuseln bis zum Echo von Trompeten und Hörnern »im Gebirg« (V. 24). In Kölles Klanginstallation tauchen die Wörter auf, ohne dass ein tonmalerischer Effekt die Rückwandlung der Sprachbilder ins Akustische17 begleitete. In der Sprachtonspur der Installation gewinnen die Satzglieder an Gewicht. Sie werden durch eingeschobene Pausen fragmentiert und isoliert. Einzelne Wörter klingen nach. Das monotone verhaltene Flüstern des Vortrags nimmt Klopstocks kunstvoll komponiertem Spracharrangement zwar den Glanz. Jedoch erhöht die Intimität der Nahaufnahme, die Illusion körperlicher Nähe, auch den Reiz des Geheimnisvollen. Gleichzeitig wird durch die akustische Vergrößerung das Geräuschhafte des Raunens angehoben und tritt damit auf die gleiche Ebene wie das Rauschen. Meine Erfahrung damit ist paradox. Je mehr ich mich auf die geflüsterten Zeilen einlasse, desto mehr verschwindet das Klopstock-Ambiente. Dafür dominieren nach einiger Zeit die unterschiedlichen farblich-klanglichen Eigenheiten von Kölles Sprachtonspuren umso stärker. Doch das aufmerksame Zuhören lenkt zugleich wieder zurück auf das poetische Narrativ, auf Klopstock und den Kirchenraum.

Der Raum

In Klanginstallationen spielt der Raum als Ort und als zentrales Element der künstlerischen Arbeit eine herausragende Rolle. Das Innere der Christianskirche ist ein architektonischer und zugleich ein symbolisch aufgeladener Raum mit einer individuellen Qualität. Seine Beschaffenheit bestimmt den akustischen Raum in Kölles Installation. Die Bedingungen des Aufführungsorts können variabel genutzt werden, indem man bestimmte räumliche Charakteristika verstärkt oder akustisch maskiert.18 Oder sie bekommen allein durch die Anregung hinzuhören19 größere Aufmerksamkeit. Raumerfahrung ist ein sinnlicher Akt.2O Durch Klang und Geräusch kann sich die Erfahrung von Raum verändern. In Kölles Installation trifft das alles zu. Breite und Höhe, Wölbungen, die Schall reflektierenden Materialien von Wänden, Decke und Fußboden, die die Klangausbreitung und -lenkung beeinflussende Innenbebauung durch eine hölzerne Chor- und Orgelempore, Altar, Kanzel und Bestuhlung bestimmen die singuläre Raumresonanz der Christianskirche, ihr Grundrauschen, die Schallbrechungen sowie den Nachhall ohne und mit Publikum. Ist Publikum anwesend, produziert es zusätzliche Geräusche durch Schritte mit individuellen Rhythmen und Aktionen wie Tuscheln, Rascheln, Räuspern. Dazu kommen der von außen gedämpft eindringende Verkehrslärm, vorbeirauschendes Brausen von Motoren, Reifen, Flugzeugen, diverse Signaltöne, Glockenschläge vom Turm, Regen- und Windgeräusche, Vögel.

Unter der Vorgabe dieser Rahmenbedingungen kreiert Kölle in der Kirche einen artifiziellen auditiven Raum. Er ist dem Ort verbunden und zugleich doch ein auf die Dauer der Installation begrenztes temporäres Kunstereignis. Auf eine derartige Situation bezieht sich Michel Foucaults Konzept einer »chronische[n] Heterotopie«.21 Gemeint ist ein an einem besonderen Ort (hier die Christianskirche) entstehender neuer utopischer Raum22, der an die Flüchtigkeit der Zeit geknüpft ist. Mit dem eröffnenden »Kunstgottesdienst«23 stellt der Veranstalter, die Pfarrei, eine Verbindung her zwischen dem gottesdienstlich genutzten Kirchen- und dem im Kunstereignis produzierten auditiven Raum. Die Möglichkeit einer Verknüpfung wird auch von den in den Tonspuren angelegten unterschiedlichen Verweismöglichkeiten auf theologische beziehungsweise metaphysische und literarhistorische Deutungen des gesprochenen Worts unterstützt.

Die Künstlerin nutzt für die Installation die bereits vorhandene Ausstattung der Kirche mit Predigtlautsprechern, die im Die Künstlerin nutzt für die Installation die bereits vorhandene Ausstattung der Kirche mit Predigtlautsprechern, die im pastoralen Gebrauch zur Verstärkung von Ansprachen, Lesungen und Gebeten dienen. Diese zur Sprachübertragung gebauten Verstärker sind unter der Empore beidseitig an den Enden der Bankreihen und am Seitengestühl angebracht. Ihr Schall richtet sich direkt auf die Teilnehmenden. In der Installation strahlen sie die Sprachtonspuren mit Klopstocks Text ab. Die übrigen künstlerischen Schallquellen, aus denen die Wellen von Rauschen kommen, sind von der Publikumsposition aus nicht sichtbar auf der Empore platziert. Aufgrund der akustischen Streuung können die Wellen auch auditiv nicht lokalisiert, ihre Herkunft und Ausbreitung nicht deutlich bestimmt werden, so dass die Ausdehnung des auditiven Raums unscharf wird.

Die Wellen überdecken den dem Kirchenraum eigenen Grundgeräuschpegel und Teile der von außen eindringenden Geräusche. Dabei beeinflussen und potenzieren sich die Tonspuren gegenseitig als würden sie kommunizieren. Das Rauschen der Wellen, das Rauschen der Sprache und die Wörter summieren sich zu einer gleichsam kontrapunktisch durchwirkten Klangtextur. Peter Ablinger nennt das Phänomen das »akustische Netz des Raums«.24 Indem die Aufmerksamkeit25 sich mal stärker auf die verbalen Inhalte der Sprachtonspur, mal auf das Raunen, mal auf die Vielfalt der variabel rauschenden Wellen fokussiert, dann wieder alles auf einmal erfasst, wechseln auch die räumlichen Empfindungen beziehungsweise Erfahrungen von Hinter- und Vordergrund, von Innen- und Außenraum, von auditivem Kunst- und Kirchenraum. Es wechseln zudem die zeitlichen Empfindungen vom gleichsam zeitlosen Verweilen zum zielorientierten Sprachhören, sowie die zwischen sinnlichem Reiz und kunstreligiöser Bedeutungskonstitution hin- und herwandernden Empfindungen. »Die Christianskirche wird zum Resonanzraum der Ode, die in verwandelter Gestalt hörend erlebt werden kann«,26 verspricht das Faltblatt zur Installation. Auf diese Weise entsteht nicht nur eine Art Klangnetz unterschiedlicher Dichte, sondern auch eine zwischen erhöhter Aufmerksamkeit auf Klangphänomene und kontemplativer Versenkung hin und her wechselnde Wahrnehmungssituation.

Rauschen

Die künstlerische Auseinandersetzung mit dem Rauschen hat in den letzten Jahren eigene Mythen entwickelt.27 Obwohl das Rauschen in so unterschiedlichen Kontexten wie Physik, Kommunikationstechnologie, Medien- und Kulturwissenschaft, Philosophie, Religion, Literatur, Musik und Klangkunst eine Rolle spielt, finden sich — außer im Deutschen Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm, dessen Artikel »Rauschen«28 eine Fülle von Beispielen für den wörtlichen, metaphorischen und symbolischen Gebrauch zitiert, — einschlägige Definitionen vor allem in Nachschlagewerken der Physik, Akustik und der elektronischen Musik. So skizziert Bernd Enders Rauschen physikalisch als »Geräusch, das auf einem Schwingungsvorgang beruht, der durch eine theoretisch unendliche Vielzahl einzelner, dicht nebeneinanderliegender Frequenzen gekennzeichnet ist, so daß ein nur noch statistisch zu beschreibendes Frequenzspektrum vorliegt.«29 Analog zu Lichtspektren wird das aus dem Total aller Frequenzen bestehende »weißes«, das aus Teilfrequenzen addierte »farbiges «30 Rauschen genannt.

Da sich in der Summe die einzelnen Signale nicht unterscheiden lassen, kann weißes Rauschen je nach Interesse beziehungsweise Intention31 als bedeutungsleer oder als Bedeutungsüberschuss aufgefasst werden. »Und jeder hört darin seine eigene Melodie«, so Ablinger, »und er kann mit Recht sagen, sie sei im Rauschen enthalten.«32 Insofern kann Rauschen auch konzeptionell für das »jeweilige Total der (für ein Instrument, für ein Stückkonzept) potentiellen Klänge«33 stehen. Wird Rauschen negativ als begleitender Störfaktor34 von Signalübertragungen oder als »etwas Diffuse[s]« 35, Unübersichtliches deklariert, das es zu beseitigen, zu verdeutlichen, zu ordnen, metasprachlich zu verstehen oder zu erfassen gilt, so kann Rauschen im Sinne einer Alteritätskonstruktion durch die Zuweisung als »das Andere«36, für Unsagbares oder Ausgeschlossenes stehen, wie die aus der autonomen Kunst des 18. und 19.Jahrhunderts verdrängte Körperlichkeit.

Kölles Installation ist offen für multiperspektivische Anknüpfungen. Die hauchend geflüsterte Sprachtonspur spielt mit dem wörtlichen wie mit dem metaphorischen Raunen37 und Rauschen von Klopstocks Dichtung und erzeugt dabei eine genuine, nicht vom Inhalt abhängige akustische Qualität. Roland Barthes diskutiert diese Kategorie als »Rauhheit«,38 Körnung (grain) der Stimme. Die Spuren mit den rauschenden Wellen lassen sich auf eine lange musikalische Tradition beziehen, mit der Naturphänomene wie Windbrausen oder Wasserfälle (wie in der Alpensinfonie op. 64 von Richard Strauss 39) in Kompositionen akustisch nachgebaut und aufgrund analoger Ähnlichkeit des Hörbilds suggeriert oder als »Bedeutungsergänzung«4O entsprechend zurecht gehört werden. So bezeichne ich die an- und abschwellenden, sich sukzessiv überlagernden Rauschtonspuren in Kölles Installation aufgrund einschlägiger kultureller Erfahrung ohne Zögern als »Wellen«, höre sie gleichzeitig aber auch als gleichsam ›inhaltsfreies‹ farbiges Rauschen.

Mit Rauschen als klanglichem Protagonisten sowie den Überlagerungen verschiedener Tonspuren zu einem dichten Gewebe setzt Kölles Arbeit die im 20. Jahrhundert erfolgte Eigenständigkeit von Klang und Geräusch als Kompositionsmaterial41, voraus. Rauschen ist hier nicht Grund- oder Hintergrundgeräusch,42 sondern mal dominierend, mal vermittelnd, mal begleitend, mal umhüllend, oft mehreres zugleich. Damit variieren die zu hörenden realen und die Illusionsräume immer wieder, sodass keine Hierarchien zwischen Haupt- und Nebengeräusch definiert werden können. Als Klanginstallation, die ortsgebunden und nur in einem begrenzten Zeitabschnitt zu erleben ist sowie Raumkomponenten konzeptionell einbezieht, knüpft Horchen und durstiges Ohr an genreübergreifende Sound Art an.

Dass die Sprach- und Rauschtonspuren als gleichwertige, ineinander verwobene Parameter wahrgenommen werden können, hängt auch mit der Färbung der konstruierten rauschenden Wellen zusammen. Die Tonspuren breiten sich in einem mittleren Frequenzbereich aus, nämlich etwa zwischen 100 und 1.000 Herz. In diesem Bereich ist das Gehör auf Sprach- und Melodiewahrnehmung spezialisiert. Die von Kölle gestalteten Tonspuren erfolgen als sogenanntes »rosa« Rauschen. Dabei bewirken die abfallenden Steigerungen Welleneffekte. Sie werden hier verstärkt durch die naturanaloge aperiodische Überlagerung mehrerer Rauschimpulse. Die Bedeutungsfreiheit von Rauschen allgemein und seine Anziehungskraft auf die Hörenden interpretiert Susanne Scharnowski in Zusammenhang mit dem ästhetischen Diskurs über das Erhabene als »Überwindung der Trennung von ich und Welt«.43 Gefordert und gefördert wird jedenfalls die Hingabe an das Hören, an die sinnliche Erfahrung der Kunst nicht nur durch die Ohren, sondern durch den ganzen Körper.

Hören

Das Lauschen auf Klänge und Geräusche jenseits hermeneutischer Sinnerfassung intendierter Gehalte zählt seit der Erweiterung des musikalischen Materials durch Alltags-, Umwelt- und elektronisch generierte Klänge zu den besonderen Herausforderungen an das Publikum. Geräusche, die von ihren Erzeugungsquellen isoliert oder synthetisch hergestellt werden, bieten die Chance, Hörvorgänge von einer vorschnellen Zuordnung und Bewertung zu befreien, um so deren ästhetische Eigenqualitäten zu erfahren. Hören erhält in diesem Kontext eine herausragende Bedeutung. Pierre Schaeffer hat im Hinblick auf die Musique concrète eine Systematik von vier verschiedenen HörhaItungen44 entworfen, nämlich einen Klang oder ein Geräusch vernehmen (ouϊr), genau hinhören (entendre), ihm als eigenständigem Ereignis zuhören (écouter) und den Klang beziehungsweise das Geräusch als kulturelles Zeichen verstehen (comprendre).

Klanginstallationen sind hybride Kunstformen zwischen Ausstellung und Konzert. Sie setzen ein aktives Eingreifen der Besucherinnen und Besucher voraus. Schließlich bieten sie keine Werke im emphatischen Sinne. Vielmehr stellen Installationen ein Angebot dar, sich in einer selbst bestimmten Dauer auf Kunst einzulassen, die gebotenen Möglichkeiten in einem bewussten körperlichen Akt sinnlich zu erfassen und sich reflektierend damit auseinanderzusetzen. Auch in Kölles Installation können die Besucherinnen und Besucher entscheiden, wie lange und wie intensiv sie dem Klangangebot folgen wollen. Die Türen der Kirche sind geöffnet. Man muss sich nicht andächtig niederlassen. Die Bankreihen können jederzeit verlassen werden. In der von mir besuchten Performance wurde allerdings mit der Begrüßung durch den Pastor, der einige erklärende Worte sprach, ein formaler Beginn inszeniert. Die Tonspuren werden als permanentes Hörangebot für eine bestimmte Dauer ohne Schlusspunkt wiederholt.

Die in der Klangkunst zu beobachtende neue »Konzeptionalisierung des Auditiven«45 spielt nicht nur in den Künsten und den Musikgenres der Gegen- wart eine Rolle. Auch der Umgang mit traditionellen Konzertsituationen46 ändert sich. Die zunehmende Bedeutung des Auditiven kann als Reaktion beziehungsweise künstlerische Reflexion einer gesamtgesellschaftlichen Sonifizierung begriffen werden, die inzwischen alle Ebenen erfasst, vom morgendlichen Wecksignal bis zu Feinheiten der Hörkunst. Sabine Sanio spricht sogar von einer neuen »auditiven Kultur«,47 die es theoretisch zu untermauern gelte. Vor diesem Hintergrund gewinnt Klopstocks Lobpreis des Hörens und des Gehörs eine neue Aktualität. Hier bietet das Klangkonzept von Kölles Horchen und durstiges Ohr einen künstlerischen Kontext, in dem die Wertschätzung des Hörens und Gehörs durch ein aktuelles Verständnis der Verse über die Vorzuge des Hörens in einem Akt genussvollen Hörens erschlossen werden kann.

Über Klangkunst schreiben

Kölles Klanginstallation Horchen und durstiges Ohr ist für die Besucherinnen und Besucher ein weitgehend immaterielles, ephemeres Erlebnis. Darüber zu schreiben hat zunächst einen dokumentarischen Anlass, nämlich den, die Installation als Ereignis festzuhalten. Über die Fragen, was beschrieben werden soll und wie, gibt es zwar keine methodischen Übereinkünfte, aber doch anschauliche Vorbilder. 48 Den Anspruch, über das Gehörte zu kommunizieren, teilt die Beschreibung mit einschlägiger Musikliteratur. 49 Das gilt auch für die Bedenken, nämlich den Vorwurf, den lebendigen, sinnlich-körperlichen Teil des Ereignisses zu verfehlen, den zu vermitteln indes nicht die Aufgabe der sprachlichen Reflexion ist. Da der Installation keine Partitur im herkömmlichen Sinne zugrunde liegt (wohl aber eine literarische Textvorlage), orientieren sich die explikativen Anteile der Beschreibung an den medientechnischen50 und literarhistorischen Vorgaben. Bei allem, was darüber hinaus gesagt werden kann, ist die Analyse auf eigene Höreindrücke angewiesen.

Als Raumkunst tangiert die Klanginstallation auch architektonische und akustische Belange, die es ebenfalls festzuhalten gilt. Die Bewegung schafft eine Parallele zu den performativen Künsten. Die temporäre Begrenzung wiederum teilt die Installation mit Ausstellungen. Im Unterschied zu Ausstellungen, deren Objekte fotografisch und durch Begleittexte (Beschriftungen, Kataloge) gut dokumentierbar sind, lassen sich Klanginstallationen noch nicht zufriedenstellend festhalten beziehungsweise reproduzieren. In Bezug auf das Kunsterlebnis sind indessen sowohl Klangkunstereignisse als auch Konzerte, Ausstellungen oder andere Performancekünste auf Erzählungen angewiesen. Ein wesentlicher Punkt dabei ist die Frage, welche Einflussfaktoren das Erlebnis lenken.

Der von mir gewählte Ansatz, über die Installation zu berichten, folgt den Anregungen einer ›dichten‹ Beschreibung, das heißt einer Bestandsaufnahme des Ereignisses, die die eigene Position einbezieht. Meine Erwartung beim Eintritt in die Installation war auf Klangkunst ausgerichtet. Als Vorbereitung lag ein Flyer vor, dessen Fragen »Wie hören wir? Was erschwert das Hören? Wo mögen wir hinhören, zuhören, lauschen, horchen? Wann sind wir ganz Ohr?«,” die Grundeinstellung mitbestimmt hat. Ein wesentliches Element meiner Erfahrung war das häufige Hin-und-Her-Switchen in einem Cluster von Verweisen, zwischen unterschiedlichen Formen von Aufmerksamkeit, dem Zuhören der Sprachtonspur, dem Nachsinnen des Klopstock-Textes, den Gedanken an die Besonderheit und die Geschichtlichkeit des Orts, dann aber auch das Baden im rosa Rauschen, der Versuch, die Wellen zu orten und akustisch zu unterscheiden, das Raunen der Stimme zu genießen, die Augen im Kirchenraum gleiten zu lassen und der Frage nachzuhängen, ob der Taufengel flüstert.


1. Friedrich Gottlieb Klopstock: Das Gehör. An Hegewisch, den Blinden, in: ders.: Oden, Bd. 2, Leipzig 1798, S. 105-108, hier S. 105. Digitalisat: httpsp://www.zeno.org/Literatur/M/Klopstock,+Friedrich+Gottlieb/Gedichte/Oden.+Zweiter Band/Das+Gehör (15. Februar 2015). Neuausgabe in: Friedrich Gottlieb Klopstock: Oden, Bd.1: Text hg. van Horst Gronemeyer und Klaus Hurlebusch, Berlin / New York 2010, S. 444-445.

2. Biografische Angaben und Verzeichnisse ihrer Projekte, Installationen, Farbnotationen sowie weiterer Werke finden sich in: https://www.katja-koelle.de (10. Februar 2015).

3. Katja Kölle: Farbnotationen. Klangobjekte. Ortsbezogene Installationen. Folder zur SoundArt, Köln 2004, vgl. auch die Auswahldokumentation in: https://www.katja-koelle.de (7. Februar 2015).

4. Vgl. allein die Beiträge in: Klaus-Ernst Behne / Günter Kleinen / Helga de la Motte-Haber (Hg.): Musikpsychologie, Jahrbuch der Deutschen Gesellschaft für Musikforschung, Bd. 18: Inter- und Multimodale Wahrnehmung, Göttingen u.a. 2006.

5. Carsten Seiffarth / Markus Steffens (Hg.): singuhr hoergalerie in Parochial, 1996 bis 2006, Heidelberg 2010; Sonambiente Berlin 2006. Klang Kunst, hg. von Helga de la Motte-Haber, Matthias Osterwold und Georg Weckwerth im Auftrag der Akademie der Künste, Berlin/Heidelberg 2006.

6. Friedrich Gottlieb Klopstock. Hinterlaßne Schriften von Margareta Klopstock, Hamburg 1759, Einleitung, S. LXXXIV.

7. lm Vorwort zu Klopstock: Hinterlaßne Schriften (Anm. 6), S. VII-LXXXIV.

8. Vgl. den Flyer zu Horchen und durstiges Ohr, in: https://www.katja-koelle.de/2013_klopstock-klanginstallation.pdf (29. August 2014)

9. Vgl. Moshe ldel: Die laut gelesene Thora. Stimmengemeinschaft in der jüdischen Mystik, in: Friedrich Kittler / Thomas Macho / Sigrid Weigel (Hg.): Zwischen Rauschen und Offenbarung. Zur Kultur- und Mediengeschichte der Stimme, Berlin 2002, S. 19-53, hier S. 20.

10. Felix Mendelssohn Bartholdy: Elias op. 70, MWV A 25, und Der 42. Psalm »Wie der Hirsch schreit« op. 42, MWV A 15

11. Vgl. zur Wirkungsabsicht Klopstocks auf die Seele Klaus Hurlebusch: So viel Anfang war selten. Klopstock-Studien, Göttingen 2013 (Schriften des Gleimhauses Halberstadt 8), S. 8 und 73 ff.

12. Klopstock: Das Gehör (Anm. 1), S. 444

13. Friedrich Gottlieb Klopstock: Die Sprache, in: ders.: Oden, Bd. 1, hg. von Horst Gronemeyer und Klaus Hurlebusch, Berlin / New York 2010, S. 407-409-

14. Hurlebusch: So viel Anfang war selten (Anm. 11), S. 15.

15. Wichtig war Klopstock die selbst gegebene poetische Regel, die dem Dichter »vorschreibt, seine Gedanken durch die Sprache zu versinnlichen«, Christian Friedrich Rudolph Vetterlein, in: Klaus Hurlebusch: So viel Anfang war selten (Anm. 11), S. 77, Anm. 94.

16. Vgl. die über Klopstock hinausgehende Diskussion von Stimme und Geräusch in romantischen Konzepten in: Bettine Menke: Prosopopoiia. Stimme und Text bei Brentano, Hoffmann, Kleist und Kafka, München 2000, S. 325-332.

17. Vgl. Karl Clausberg: Stimmbänder und Bildphantasie. Synästhetische Rückwege der Schrift zur Sprache, in: Brigitte Felderer (Hg.): Phonorama. Eine Kulturgeschichte der Stimme als Medium, Berlin 2004, S. 71-84, hier S. 72.

18. Vgl. zur allgemeinen akustischen Analyse von Innenräumen die zusammenfassende Darstellung von Stefan Weinzierl: Schallereignisse und Musik. Typologie, Beschreibung, Analyse, in: Handbuch der Systematischen Musikwissenschaft, Bd.5: Stefan Weinzierl (Hg.): Akustische Grundlagen der Musik, Laaber 2014, S. 1-29.

19. Vgl. Wolfgang Ellermeier / Jürgen Hellbrück / Josef Schlittenbacher: Physiologische und psychoakustische Grundlagen des Hörens, in: Handbuch der Systematischen Musikwissenschaft, Bd 5: Stefan Weinzierl (Hg.): Akustische Grundlagen der Musik, Laaber 2004, S. 31-78, bes. S. 47 ff.

20. Juhani Pallasmaa: Die Augen der Haut. Architektur und die Sinne, 2. überarbeitete Auflage, Los Angeles 2013, bes. S. 50-68. Vgl. auch die Raumdefinitionen und -erfahrungen aus künstlerischer Sicht bei Ludger Brummer: Vielen Dank, Herr Newton! Musik aus virtueller Raummechanik, in: Topos RAUM. Die Aktualität des Raumes in den Künsten der Gegenwart. Im Auftrag der Akademie der Künste herausgegeben von Angela Lammert, Michael Diers, Robert Kudielka und Gert Mattenklott. Zusammengestellt von Mechthild Cramer von Laue, Nürnberg 2005, S. 248-254, bes. S. 248-250.

21. Michel Foucault: Andere Räume, in: Karlheinz Barck / Peter Gente / Heidi Paris / Stefan Richter (Hg.): Aisthesis. Wahrnehmung heute oder Perspektiven einer anderen Ästhetik, Leipzig 1991, So 34-46, hier S. 38.

22. Foucault wählt als ein Beispiel u.a. eine Festwiese. Sie ist die meiste Zeit des Jahres leer und wird nur während des Festes zum besonderen Ort, vgl. Foucault: Andere Raume (Anm. 21), S. 44.

23. Vgl. den Flyer zu Horchen und durstiges Ohr (Anm. 8).

24. Peter Ablinger: Rauschen/Hypothesen, 1991-1995. [13 S.], S. [10], https://ablinger.mur.at/docs/rauschen.pdf (16. Oktober 2014).

25. Vgl. zur Wahrnehmung komplexer akustischer Muster Barbara Flückiger: Sound Design. Die virtuelle Klangwelt des Films, 5. Auflage, Schüren 2012 (Zürcher Filmstudien 6), S. 244-255.

26. Flyer zur Installation: https://www.katja-koelle.de/2013_klopstock-klanginstallation.pdf (23. Dezember 2014).

27. Vgl. zur Vielfalt der Diskussion allein die Beiträge in den Bänden: Sabine Sanio / Christian Scheib (Hg): Das Rauschen. Aufsätze zum Themenschwerpunkt im Rahmen des Festivals ›musikprotokolI 95 im steirischen herbst‹, Hofheim 1995 (mit Fokus auf Neuer Musik und spartenübergreifender Kunst) und Andreas Hiepko / Katja Stopka (Hg.): Rauschen. Seine Phänomenologie und Semantik zwischen Sinn und Störung, Würzburg 2001(mit Schwerpunkten auf literarischen und philosophischen Themen).

28. Vgl. Jacob Grimm / Wilhelm Grimm: Rauschen, in: dies: Deutsches Wörterbuch, 16 Bde. in 32 Teilbänden, Leipzig 1854-1961. Quellenverzeichnis Leipzig 1971, Digitalisat der Universität Trier: https://woerterbuchnetz.de/DWB/?sigIe-DWB& mode=Vernetzung&lemid=GRo1643 (9. Oktober 2014).

29. Bernd Enders: Lexikon der Musikelektronik, erweiterte, völlig überarbeitete Neuauflage, Mainz 1997, S. 249 f.

30. Ebd.

31. Vgl. Robert R. Höldrich: Auf der Suche nach dem Rauschen, in: Sanio/Scheib (Hg.): Das Rauschen (Anm. 27), S. 126-146, hier S. 127 f.

32. Ablinger: Rauschen/Hypothesen (Anm. 24), S. 4

33. Ebd. (Anm. 24), S. 6. Vgl. auch Max Peter Baumann: Rauschen im Kopf, in: Sanio/Scheib (Hg.): Das Rauschen (Anm, 27). S. 27- 42, hier S. 32 f.

34. Vgl. zum Bedeutungsspektrum im informationstheoretischen Kontext Martha Brech: Rauschen. Zwischen Störung und Information, in: Sanio/Scheib (Hg.): Das Rauschen (Anm, 27), S 99-107. hier S. 99 ff.

35. Wenn man sich mit dem Phänomen Rauschen befasse, dann »mit etwas Difusem, […] jenseits von Sprache und Schrift«, Hiepko/Stopka› Einleitung, in: dies. (Hg.): Rauschen (Anm. 27), S. 9-18, hier S. 9.

36. Hiepko/Stopka Einleitung (Anm, 27), S. 9.

37. Zwischen Raunen und Rauschen besteht eine Bedeutungsüberschneidung sowohl im geräuschhaften wie im metaphorischen Flüstern und Murmeln, vgl. Jacob Grimm / Wilhelm Grimm: Raunen, in: dies.: Deutsches Worterbuch (Anm. 28): https://woerterbuchnetz.de/DWB/?sigIe-DWB& mode=Vernetzung&lemid=GRo1580 (28. Dezember 2014)

38. Roland Barthes: Die Rauhheit der Stimme, in: Barck/Gente/Paris/Richter (Hg.): Aisthesis (Anm. 21), S. 299-309.

39. Das Beispiel bespricht Helmut Rösing, in: ders.: Musikalische Stilisierung akustischer Vorbilder in der Tonmalerei, Teil 1, München/Salzburg 1977 (Musikwissenschaftliche Schriften 7,1), S. 115-116.

40 Ebd., S. 116

41. Vgl. zusammenfassend Peter Weibel: Sound Art. Klang als Medium der Kunst: https://soundart.zkm.de/informationen/sound-art-klang-als-medium-der-kunst-peter-weibel/ (31. August 2014)

42. Vgl. zur Position von Hinter- und Vordergrundrauschen und zu den daraus zu ziehenden methodischen Konsequenzen Sabine Sanio: Rauschen — Klangtotal und Repertoire. Zur Selbstreflexivität der ästhetischen Erfahrung, in: Hiepko/Stopka (Hg.): Rauschen (Anm. 27), S. 207-224, hier S. 208.

43. Susanne Scharnowski: »Es spricht nicht, es rauscht und toset nur!« Eine kurze Geschichte der Ästhetik des Erhabenen und des Rauschens, in: Hiepko/Stopka (Hg.): Rauschen (Anm. 27), S. 43-55. hier S. 54.

44. Hier referiert in der Zusammenfassung von Martin Kaltenecker: Pierre Schaeffers Theologie des Hörens, in: Musik & Ästhetik 71 (2014), S. 5-21, hier S. 5-6.

45. Axel Volmar / Jens Schröter: Einleitung. Auditive Medienkulturen, in: dies. (Hg.): Auditive Medienkulturen. Techniken des Hörens und Praktiken der Klanggestaltung, Bielefeld 2013, S. 9-34. hier S. 11.

46. Diesem Thema widmet sich die Untersuchung von Julia H. Schröder: Zur Position der Musikhörenden. Konzeptionen ästhetischer Erfahrung im Konzert, Hofheim am Taunus 2014.

47. Vgl. Sabine Sanio: Aspekte einer Theorie der auditiven Kultur. Ästhetische Praxis zwischen Kunst und Wissenschaft, in: Kunsttexte.de. Auditive Perspektiven 4 (2010): https.//edoc.hu-berlin.de/kunsttexte/2010-4/sanio-sabine-2/PDF/sanio.pdf (20. September 2014).

48. Vgl. allein die Veröffentlichungen von Helga de la Motte-Haber zur Klangkunst, wie den von ihr herausgegebenen Band: Klangkunst. Tönende Objekte und klingende Räume (Handbuch der Musik im 20. Jahrhundert, Bd.12), Laaber 1999; siehe auch die Beschreibungen in den folgenden Katalogen: Akademie der Künste Berlin / Helga de la Motte-Haber (Hg.): Klangkunst. Erschienen anlässlich von Sonambiente, Festival für Hören und Sehen, Internationale Klangkunst im Rahmen der 300-Jahrfeier der Akademie der Künste, Berlin, 9. August – 8. September 1996, München / New York 1996; Helga de la Motte-Haber / Matthias Osterwold / Georg Weckwerth im Auftrag der Akademie der Künste (Hg.): Sonambiente Berlin 2006. Klang Kunst Sound Art, Berlin/Heidelberg 2006: Carsten Seiffarth / Markus Steffens (Hg.): singuhr-hoergalerie in Parochial, 1996 bis 2006, Heidelberg 2010.

49. Vgl. die neuere Zusammenfassung der Problematik von Christian Grüny: Einleitung. Die Schwierigkeiten des Geläufigen, in: ders. (Hg.): Musik und Sprache. Dimensionen eines schwierigen Verhältnisses, Weilerswist 2012, S. 7-22, hier S. 17, sowie die Überlegungen von Christian Thorau: The sound itself – antimetaphorisches Hören an den Grenzen von Kunst, in: Klanganthropologie. Performativität – Imagination – Narration. Paragrana. Internationale Zeitschrift für Historische Anthropologie 16/2 (2007), S. 206—214.

50. Anregungen dazu finden sich bei Elena Ungeheuer: Die Analyse von Medienkunst und Musik als Thema pragmatischer Medientheorie, in: Daniel Gethmann (Hg.): Klangmaschinen zwischen Experiment und Medientechnik, Bielefeld 2010, S. 197-210.

51. Flyer zu Horchen und durstiges Ohr (Anm. 8).


Raunen und Rauschen. Katja Kölles Klanginstallation ‘Horchen und durstiges Ohr’ nach einer Ode von Friedrich Gottlieb Klopstock, in: Jahrbuch: Musik und Gender, Bd. 8, Grenzgänge. Gender, Ethnizität und Klasse als Wissenskategorien der Musikwissenschaften, hg. v. Cornelia Bartsch, Britta Sweers, Hildesheim. Zürich. New York, 2016