Gabriele Bremer
Farbige Notation | Colour Notation
[. . .] Die interdisziplinär arbeitende Künstlerin Katja Kölle befaßt sich mit Malerei, Komposition, Klang und Raum. Sie verfügt über eine ausgeprägte Wahrnehmungsfähigkeit und reflektiert in ihren Arbeiten konzeptuelle Möglichkeiten einer systematischen Visualisierung von musikalischen Strukturen. In ihren Partiturbildern von 1979 – 1982 werden Musikstücke nicht imitiert oder bildnerisch gedeutet, sondern auf ihre unterschiedlichen Parameter hin analysiert. [. . .]
Seit 1983 entwickelt die Künstlerin ausschließlich Werke nach eigenen Kompositionsprinzipien, die sowohl den bildnerischen als auch den musikalischen Bereich umfassen. [. . .]
Die strenge Verknüpfung ihres Farbkreises mit dem Quintenzirkel ist ein Axiom der hoch ausdifferenzierten und eigenständigen Notationsformen. Die Farbnotationen von Katja Kölle sind polyfunktional: Die Farbe kann einerseits als autonom interpretiert werden, andererseits auch als Funktionsträger für bestimmte musikalische Inhalte gelten. Jedem Ton ist außer einer Farbe auch eine bestimmte geometrische Form zugeordnet, z.B. ein Quadrat. Eine Veränderung der quadratischen Form, z.B. deren Halbierung oder Verdopplung, versinnbildlicht die Veränderung der Tondauern, Beschleunigung oder Verlangsamung. Unterschiedliche Dunkelstufen verdeutlichen Oktavlagen der Töne, große und kleine Flächen die dynamischen Grade. Durch solche Bewegungselemente wird ein imaginärer musikalischer Raum gestaltet.
Sich stetig verändernde dreidimensionale Notationsformen zeigen die mehrteiligen Arbeiten der Werkgruppe ‘Mobile Musik’. 1989 – 1992. Beidseitig bemalte frei hängende Schallplatten treten zueinander in Beziehung oder werden je nach Standpunkt des Betrachters in einen Zusammenhang gebracht. In Katja Kölles ‘Klangsäulen’ umkleiden die Farb–Töne die hoch aufragenden Zylinder in Kombinationen, Richtungen und Proportionen. Pastoser Farbauftrag wechselt hier mit glatten Flächen, wodurch die Rauhigkeit von Tönen zum Ausdruck kommt. Installierte Lautsprecher in den Säulen bringen diese und den jeweiligen Raum zum Klingen. [. . .]
[. . .] The interdisciplinary work of Katja Kölle covers painting, composition, sound and space. The artist has a pronounced perceptual ability and in her works reflects various conceptual possibilities for a systematic visualisation of musical structures. In her music score images of 1979 – 1982, pieces of music are not imitated or interpreted visually, but rather analysed from the point of view of their different parameters. [. . .]
Since 1983, the artist has been developing exclusively works according to her own composition principles, which cover both visual and the musical fields. [. . .]
The rigorous conjunction of her chromatic circle and the cycle of fifths in music is an axiom for her highly differentiated and autonomous notation form. Katja Kölle’s Colour Notations are polyfunctional: the colour can on the one hand be interpreted as something autonomous; on the other side also as an element communicating the function of certain musical content. Every note is, besides being a colour, also assigned a certain geometric form, e.g. a square. A change to the square form, for example it being halved or doubled, represents the corresponding change in duration of the note, acceleration or slowdown. Different dark shades represent octave ranges of the notes, large and small surfaces the dynamic Grade. These movement elements allow an imaginary musical space to be created.
Constantly changing three-dimensional notation forms present the multi-part work of the group ‘Mobile Music’. 1989 – 1992. Vinyl disks hanging freely and painted on both sides move in rhythm to each other or are formed into a context depending in the position of the viewer. In Katja Kölle’s ‘Sound Columns’, the colour notes enrobe the high towering cylinders in combinations, directions and proportions. Paste-like colouring is here interchanged with smooth surfaces, which gives expression to the roughness of sound tones. Installed loudspeakers in the columns make these and the surrounding space resonate with colour. [. . .]
Aus: Schleswig–Holsteinisches Künstlerlexikon des 20. Jahrhunders, Bd. I, Gabriele Bremer (Hg.) Egelsbach 1997